Wer stoppt den Seriensieger? | Spengler Cup Davos

Wer stoppt den Seriensieger?

News - Wer stoppt den Seriensieger?

25.10.2022

Der Spengler Cup-Rekordsieger Team Canada ist seit 2021 auch Rekordweltmeister. Es ist lohnenswert, sich die Dimensionen und Kennzahlen des grossen Dominatoren wieder einmal zu vergegenwärtigen.
Ein altes Bonmot besagt: Fussball ist, wenn Deutschland gewinnt. Das mag spätestens seit der Frauen-Europameisterschaft nicht mehr hyperaktuell sein, aber auf das Eishockey gemünzt liesse es sich so umdichten: Eishockey ist, wenn Kanada gewinnt. An der Weltmeisterschaft 2022 in Finnland reichte es nach einer Final-Niederlage gegen den Gastgeber (3:4) zwar nur zu Silber. Aber das Palmares des Mutterlands des Eishockeys schon nur vorzulesen, ergäbe ein abendfüllendes Programm. 
Seit der Goldmedaille an der WM in Riga 2021, wo die Kanadier nach einem beeindruckenden Steigerungslauf triumphierten, obwohl fast alle Stars abgesagt hatten und sie mit einem sehr jungen Team antraten, dürfen sie sich mit 27 Titeln Rekordchampion nennen. Am Spengler Cup ist es nicht anders. In den letzten fünf Austragungen stand das Team Canada stets im Final, vier Mal gelang der Turniersieg. Und das trotz hochkarätiger Konkurrenz aus der KHL. Und dem Umstand, dass es der immer engmaschigere internationale Terminkalender die Vervollständigung des Aufgebots nicht einfacher macht, auf der Torhüterposition beispielsweise.
Doch die unablässig sprudelnde Quelle an Hochkarätern scheint nie zu versiegen – und das hat gute Gründe. Das Mutterland des Eishockeys zählt mehr als 500'000 lizenzierte Spieler, das Volumen ist enorm. Zum Vergleich: In Russland sind es fünf Mal weniger. Und in der Schweiz knapp 28'000. Das gibt den Verantwortlichen eine beispiellose Auswahl – und zwar nicht nur, was die Spieler betrifft. Immer wieder findet auch im Staff allerlei Prominenz den Weg an den Spengler Cup. Bei der pandemiebedingt abgesagten Austragung von 2021 hätte das besonders gegolten: Als Coach war Claude Julien vorgesehen gewesen, dem ehemaligen Meistercoach der Boston Bruins (2011). Sein Assistent wäre Bruce Boudreau gewesen, inzwischen zurück in der NHL als Trainer der Vancouver Canucks. Die Strahlkraft des Spengler Cup sorgt fast jedes Jahr dafür, dass die Namen im Staff Hockey-Connaisseure ins Schwärmen geraten lassen. 2018 hatte der General Manager Ron Francis geheissen, der jetzt mit den Seattle Kraken das neueste NHL-Team managt. 2019 firmierte Sean Burke als Sportchef, ein früherer Weltklassetorhüter. Der Assistenztrainer hiess Paul Coffey, einer der besten Verteidiger der NHL-Historie. Der Cheftrainer Craig MacTavish nutzte das Sprungbrett, um wenig später Coach im Lausanne HC zu werden.
Fraglos werden auch 2022 grosse Namen den Weg nach Davos finden – die Bedeutung des Spengler Cup in Kanada ist unverändert gross, der nationale Sportsender TSN überträgt alle Partien live in die heimischen Stuben. Für viele Kanadier, die ihre Karriere in Europa fortgesetzt haben, ist es eine einmalige Gelegenheit, sich in der Heimat einem breiteren Publikum zu präsentieren. Das erklärt auch, weshalb es dem Team Canada nie an Motivation mangelt. Und weshalb gestandene Spieler wie der brillante Offensivverteidiger Maxim Noreau von den Rapperswil-Jona Lakers der Nomination Jahr für Jahr gerne Folge leisten. Für die Konkurrenz wird es eine grosse Herausforderung, den Favoriten zu stoppen.

Text: SLAPSHOT/Nicola Berger  Foto: Keystone