Der Spengler Cup als "einmalige" Titelchance für die Romantiker im europäischen Eishockey | Spengler Cup Davos

Der Spengler Cup als "einmalige" Titelchance für die Romantiker im europäischen Eishockey

News - Der Spengler Cup als "einmalige" Titelchance für die Romantiker im europäischen Eishockey

17.09.2022

Wie in der Schweizer Meisterschaft ist der HC Ambri-Piotta auch am Spengler Cup als sympathischer Underdog ein «Meister der Herzen». Bei ihrer letzten Teilnahme 2019 sorgten die Leventiner für Furore – warum sollte 2022 eigentlich nicht das Jahr des ganz grossen Coups sein?
Der HC Ambri-Piotta ist Eishockey-Weltkulturerbe und Sammelbecken für Romantiker aus aller Herren Länder – eine Art Antwort des Eishockeys auf den nonkonformistischen FC St. Pauli. Es ist ein kleines Wunder, dass sich der Club trotz seiner strukturschwachen Region bis heute in der National League hat halten können, dafür gebührt den Verantwortlichen und der breiten Anhängerschaft des Clubs reichlich Anerkennung. Im Sommer 2021 bezog Ambri die vom Star-Architekten Mario Botta entworfene «Gottardo Arena». Und bewies, dass der Verein sich seinen subversiven, rebellischen, unbeugsamen Geist auch fernab der Trutzburg Valascia bewahren kann.
An den Perspektiven in der Meisterschaft mag das neue Bijou nicht viel ändern, Ambri ist nicht plötzlich ein Titelanwärter geworden, dafür genügen die finanziellen Ressourcen nicht aus, aber das ist ja Teil des Charmes dieses magischen Vereins. Doch wieso eigentlich nicht ein Coup am Spengler Cup? Die grössten Erfolge der Clubgeschichte (von Derby-Siegen gegen Lugano einmal abgesehen…) feierte Ambri bei europäischen Clubturnieren: Zwei Mal gewann Ambri den Continental Cup, 1999 und 2000, 1999 zudem den Super Cup dank einem 2:0 in der Valascia gegen Metallurg Magnitogorsk.
«La Montanara», die mythische Berglerhymne, die nur dann angestimmt wird, wenn Ambri gewinnt, erklang damals in ebenso betörender Schönheit wie 2019 während des Spengler Cup. Unter dem Trainer Luca Cereda, als Spieler einst selber für Ambri aktiv, sorgte der Aussenseiter damals für reichlich Furore. Die ersten beiden Partien gegen Salavat Julaev Ufa (4:1) und TPS Turku (3:0) gewann das Team vor jeweils ausverkauftem Haus souverän, ehe es im Halbfinal etwas unglücklich in der Verlängerung an Ocelari Trinec scheiterte (2:3). Den Siegtreffer erzielte Matej Stransky, den Torschützenkönig der vergangenen National League Saison in Diensten des HC Davos. 
Die Teilnahme Ambris war eine derartige Bereicherung, dass das Team für die pandemiebedingt abgesagte Austragungen von 2020 und 2021 wieder eingeladen wurde. Und nun erneut nach Davos reist. Ambri hat sein Kader mit Edeltechnikern aus Tschechien verstärkt: Von Frölunda wechselte der Center Michael Spacek in die Leventina. Und vom Spengler Cup Konkurrenten Sparta Prag der NHL-erprobte Flügelstürmer Filip Chlapik, der 2021/2022 mit 70 Punkten aus 53 Partien souveräner Liga-Topskorer geworden war.
Mit seiner Leidenschaft und Herzblut ist Ambri für alle Widersacher ein unangenehmer Gegner. Wieso sollte sich der ewige «Meister der Herzen» in Davos nicht wieder einmal mit einem richtigen Titel krönen?

Text: SLAPSHOT/Nicola Berger   Foto: Keystone