Sind die Straubing Tigers die nächsten Gallier?
8.11.2024, 11:00
Marcel Brandt ist bei den Straubing Tigers Abwehrchef und Identifikationsfigur zugleich. Der Olympia-Teilnehmer von 2022 kann etwas darüber erzählen, welch famose Entwicklung der Club in der letzten Dekade durchgemacht hat.
Eigentlich war Marcel Brandt Mittelstürmer. Aber als der Düsseldorfer EG im Winter 2015 mehrere Verteidiger fehlten, trat der damalige Coach Christof Kreutzer mit diesen Worten an Brandt heran: «Du bist der einzige Center, der rückwärtsfahren kann. Heute spielst du hinten.» Der Rest ist Geschichte: Die anfängliche Skepsis legte Brandt schnell ab – und er überzeugte in seiner neuen Rolle so sehr, dass er einfach Verteidiger blieb. Es war eine Metamorphose im Schnellzugtempo, und sie war sehr fruchtbar: Brandt gehört seither zu den besten Abwehrspielern Deutschlands. 2020/21 war er die torgefährlichste Defensivkraft der DEL und wurde zum «Verteidiger des Jahres» gewählt. 2021 war er an der WM, ein Jahr später bei den Olympischen Spielen. Brandt sagt: «Meine Vergangenheit als Stürmer hat mir sehr geholfen, ich kenne die Laufwege und kann dank meiner Erfahrung gut antizipieren, was die Angreifer machen.»
Den grössten Teil seiner Karriere hat Brandt, 32, in Straubing verbracht; aktuell absolviert er seine siebte Saison in den Diensten der Tigers. Er hat die Verwandlung dieses Vereins von der grauen Maus der DEL zu einem der Top-Teams der Liga hautnah miterlebt. Brandt sagt: «Wir haben in den letzten sieben Jahren zehn Schritte nach vorne gemacht. Wenn man das vergleicht, sind es zwei verschiedene Welten. Der Klub ist extrem professionalisiert worden, alles ist gewachsen. Wir sind inzwischen auch für renommierte Spieler eine attraktive Adresse. Es ist kein Zufall, dass ein NHL-Star wie Justin Braun bei uns gelandet ist.»
Das in Niederbayern gelegene Straubing zählt nur knapp 50‘000 Einwohner, doch die Tigers haben in den letzten fünf Jahren stets die Top-4 erreicht und werden nicht zuletzt von einem starken Gemeinschaftsgeist getragen. Brandt tut viel dafür, dass das so bleibt. Im Stammverein EHC Straubing wirkt er im Vorstand und als Nachwuchstrainer, daneben hat er eine Stiftung gegründet, deren Ziel es ist, die „Helden von Morgen» zu schmieden.
Brandt sagt, dass Straubing für ihn längst eine Herzensangelegenheit sei. So geht das vielen rund um den Klub; die Tigers sind eine verschworene Gemeinschaft. Brandt sagt: «Es ist für jeden Gegner unangenehm, bei uns zu spielen. Manchmal erinnert es mich an das kleine gallische Dorf, das die grossen Städter ärgert.»
Ein kleines gallisches Dorf am Spengler Cup? Das war in den letzten Jahren die Rolle des HC Ambri-Piotta, dem Champion von 2022. Kann Straubing diese Rolle einnehmen? Brandt ist zuversichtlich, er sagt: «Wir freuen uns alle extrem auf das Turnier, vom Team bis zu den Fans. Wir haben eine junge, schnelle Mannschaft, die offensivorientiertes Eishockey spielt. Ich denke, das sind Qualitäten, die man am Spengler Cup gut gebrauchen kann.»
Text: SLAPSHOT, das Hockey-Magazin der Schweiz Foto: IMAGO/Sportfoto Zink/Thomas Hahn
Tickets für den 96. Spengler Cup sind im Online-Vorverkauf erhältlich. Es werden laufend weitere Tickets für alle Partien in den Verkauf kommen.